Wolkenberge im Kopf

Man liest, in unserem Hirn würden sich wirre Wolkenberge tummeln, die uns davon abhalten, uns auf etwas zu konzentrieren, die ständige Ablenkung durch soziale Medien (oder durch Kinder „Wo ist mein zweiter Strumpf?“), die Reizüberflutung, der Drang, Dinge, die man nicht weiß, direkt zu googeln, anstatt einmal seinen Kopf anzustrengen und im Gedächtnis zu kramen … Ja, genau dieses Google-Virus-Wattehirn - oder wie auch immer man es nennen soll, hat mich auch erfasst.

Gerade letztens wieder saß ich auf dem Balkon in der Frühlingssonne und hatte endlich mal Zeit, die Wochenendzeitung zu lesen. Aber was war? Jedes Mal, wenn ich den Artikel zu Ende gelesen hatte, dachte ich im Stillen, „Oh nein, wenn mich jetzt jemand fragt, worum es in diesem Text ging, könnte ich es nicht sagen“. Es ist dieses schreckliche Gefühl, wie ich es aus Schulzeiten kenne, man wird drangenommen und fliegt auf, weil man nicht aufgepasst hat und daher keine Ahnung hat. Ich habe die Zeitung weggelegt und etwas betrübt gedacht, dass es mit mir dann jetzt wohl wirklich bergab geht.

Und was war dann? Ein Wochenende an der Nordsee: morgens nur ein kleines bisschen früher aufstehen als der Rest der Familie, mit einem Tee, den Blick aufs saftiggrüne Feld vorm Fenster, Zeitung lesen. Lesen mit voller Aufmerksamkeit, keinerlei Ablenkung und auf einmal ging es: Ich verstand die Artikel! Ja, wirklich! Ich wusste tatsächlich, was ich gelesen hatte und konnte danach beim Frühstück sogar davon erzählen.

 

Ich denke, diese Momente müssen wir feiern und genießen und immer wieder herausfordern, im Kampf gegen die ständige Ablenkung. Vielleicht sollte man auch ab und an den Kleinen mal die AirPods aus den Ohren ziehen, aber das wäre natürlich hundsgemein.

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Kommentare: 5
  • #1

    Nici (Dienstag, 30 April 2019 10:38)

    Unsere Freundin Julia hat neulich in ihrem Editorial geschrieben, dass sie ihr Leben jetzt damit verschlankt, indem sie keine Artikel/Bücher mehr ohne die nötige Aufmerksamkeit liest. Dann hört sie sofort auf.
    Das versuche ich jetzt auch seit einer Weile, weil es so richtig ist, führt aber auch dazu, dass ich streckenweise gar nichts mehr lese.
    Aber wenigstens keine Zeitverschwendung...
    Du sprichst mir also aus dem Herzen

  • #2

    Chris (Dienstag, 30 April 2019 16:48)

    Es heißt, das Hirn braucht ca. 25 Minuten, um sich nach dem digital devices Konsum wieder auf das zu Lesende konzentrieren zu können. Also erst gemütlich Terrassentee trinken und dann lesen loslegen

  • #3

    Kristina (Dienstag, 30 April 2019 19:33)

    Ah, gute Ideen.. und vor allem mal wieder gut, nicht allein da zu stehen! Danke!

  • #4

    Margarethe (Sonntag, 02 Juni 2019 21:21)

    Ich würde mich in die Wanderdüne legen und die Wolken beobachten, dabei den Text, den ich währen eines Fluges gelesen habe, nachwirken lassen und später darüber vielleicht sprechen!!

  • #5

    kristina (Dienstag, 04 Juni 2019 10:29)

    Die Idee ist großartig, hat man eine Wanderdüne zur Hand, unbedingt befolgen!!