
Stufentreffen - Lebensstufen. Ja, ich hatte Stufentreffen, Abitreffen, und dabei geht es unweigerlich um Lebensstufen. Frei nach Hermann Hesse liegt in jeder Stufe ja bekanntlich ein Zauber inne. Wie wahr. Interessanterweise habe ich mich mit genau dem Stufen-Gedicht damals für meine Ausbildung bei Verlagen beworben - als Schriftprobe habe ich es sehr ordentlich aufgeschrieben. Und da bin ich auch schon mitten im Thema: eine Schriftprobe anzufordern klingt herausgerissen aus einer längst vergessenen Zeit. Gefühlt war der Farbfernseher gerade neu, Fax tauchte am Horizont auf, Email und Handy waren in weiter Ferne und es gab sie noch, die Schrift. Eine absolut analoge Zeit (ohne damals den Begriff zu kennen), in dem gefühlt der moderige Geruch abends am Elbstrand, das Vogelgezwitscher beim nach Hause radeln in den Morgenstunden und ja, auch das billige Bier irgendwie mehr Intensität hatte.
Auf Fotos von damals sieht alles blasser aus, aber in meiner Erinnerung war alles absolut klar und leuchtend, ungefiltert und schön. Wenn man dem anderen etwas zu sagen hatte, tat man das direkt
oder um ein paar Ecken – das endlose Geläster von damals entspricht wahrscheinlich Social Media heute – dämlich ist beides, aber irgendwie auch wiederum Teil des Ganzen, ohne geht’s wohl
irgendwie nicht. Beim Stufentreffen nun, als am selben Elbstrand von damals so viele Erinnerungen geteilt wurden und ich das Gefühl hatte, mich in einer Bubble der Erinnerung und absolut
verstanden zu fühlen, wurde mir klar, warum wir alle wohl gelegentlich staunen, darüber, was aus uns geworden ist, aber natürlich auch aus unseren Kindern, den nächsten Generationen. Klar, dass
es im Kopf und im Herzen so anders aussieht, wenn man heute groß wird, die Drinks kühl und auf Eis sind, anstelle von warmen Dosenbier. Ob man aus Langeweile Sticker gesammelt und Süßigkeiten
geklaut hat oder … naja, eben das Handy da ist. Alles hat seine Zeit, alles hat seine Vorteile.
An so einem Abend hängt eine starke Nostalgie in der Luft, die da auch ganz natürlich hingehört – wenn sie einen echten Platz im Leben hat, dann ja wohl an diesen Ort. Im Moment leben, achtsam
sein und glücklich über das Jetzt, das mache ich auch morgen gerne wieder, aber manchmal darf man sich auch mal ein paar Minuten Sentiment erlauben. Auch irgendwie schön.
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