Ein Haus voller Geschichten

Besondere Zeiten bringen Besonderes mit sich. Dieser Satz spukt mir zur Zeit immer wieder durch den Kopf. Wir alle haben ein außergewöhnliches halbes Jahr hinter uns, Monate, die auf eine Weise vorbeiflogen, auf eine andere Weise aber sehr intensiv gelebt wurden. Jeder wird seine eigene Erfahrung aus dieser Zeit mitgenommen haben, bei uns ist das Gefühl, ein „Haus voller Geschichten“ zu sein und das liegt nicht nur daran, dass ich selbst Kinderbücher schreibe. Es ist mehr, es geht viel tiefer, es ist dieses Gefühl, das Leben als eine gut erzählte Geschichte zu sehen, den Alltag als etwas zu begreifen, was irre spannend und manchmal sogar wert ist, aufgeschrieben zu werden. Und genauso ist es ja auch, jeder Tag ist ein Puzzleteil unserer eigenen persönlichen Geschichte, jeder Tag setzt ein kleines Stück in das große Puzzle, das uns zu dem macht, was wir sind.

 

 Liest man viele Kinder- und Jugendbücher, dann wird man das hier gut verstehen, denn ist es nicht auch das Konzept einer jeden guten Kinderliteratur, dass der ansich vielleicht eintönige Alltag zur Geschichte wird? Bei Büchern für die ganz Kleinen ist es das Socken anziehen oder aufs Töpfchen gehen vor dem Kindergarten, bei den Größeren dann Spaß und Ärger in der Schule, bei den noch Älteren kommt die Liebe, vielleicht auch ernsthafter Streit mit Freunden oder Eltern dazu. Das alles ist Alltag und das alles ist gleichzeitig so wertvoll, dass man ganze Bücher damit füllen könnte.

Oder Filme. Filme spielen eine ganz ähnliche Rolle, denn hier noch viel mehr werden manchmal unbedeutende Erlebnisse ganz groß, zu einer spannungsreichen Geschichte, aber nur durch eine raffinierte Erzählweise - vielleicht ist das Ganze im Rückblick abgebildet, in schlau überlegten Zeitsprüngen, die den Zuschauer mehr wissen lassen als die Figuren selbst oder durch schnelle, kunstvolle Schnitte. Nehmen wir dem Film aber diesen dicken eleganten Mantel der Erzählweise, der Sichtweise ab, steht da oftmals nur ein kleines nacktes Gerippe, das die eigentliche Geschichte ist, ohne unglaublich gut aussehende charismatische Schauspieler, ohne New York oder Dublin als Kulisse und ohne spektakuläre Landschaftsaufnahmen.

 

Mir gefällt diese Sicht aufs Leben und ich glaube, sie hat uns gut durch diese ungewöhnlichen letzten Monate gebracht. Es lohnt auf jeden Fall, es auszuprobieren …

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Luh (Donnerstag, 02 Juli 2020)

    Danke für deine Geschichten!