Poet X

Heute Morgen beim Schulbrote machen hörte ich in der Küche im Radio die News aus den USA, vom gefloppten Impeachment, den Vorwahlen und Berichten vom Wahlkampf – wie zu erwarten lässt mich das mit einem mulmigen Gefühl zurück, was ist da los? Wohin geht die Entwicklung?, all diese Fragen. Und dann, wenig später, habe ich die letzten Seiten eines Jugendbuchs gelesen (wenn man selbständig ist, darf man das manchmal - noch vor dem ersten Kaffee ein Buch zu Ende lesen!). Und dieses Buch hat mich umgehauen, wirklich wahr. Es ist Elizabeth Acevedos Jugendbuch, „Poet X“. Das unglaublich berührende Debüt der amerikanischen Poetry-Slammerin, übersetzt von der großartigen deutschen Poetry-Slammerin Leticia Wahl. Die Verse dieses Buches haben so eine enorme Kraft, es drängt sich die Formulierung auf, dass Acevedos Worte eine Waffe sind. Sie sind die Waffe des jungen Mädchens Xiomara.

 

 

 Xio lebt in New York, von ihrer strenggläubigen dominikanischen Mutter wird ihr vieles verboten, aber in Xio brodelt die Wut, die Lust, der Drang, die Welt zu entdecken, mit allem, was dazugehört. Und während in ihrem Viertel Konflikte mit Gewalt gelöst werden, schmettert sie mit Worten um sich. Jedes Wort der Protagonisten hat eine irre Kraft, es entzieht einem beim Lesen den Boden unter den Füßen. Die Autorin selbst sagt im Nachwort, sie wollte ein Buch schreiben „Für uns Autorinnen, uns Leserinnen, uns Mädchen, die wir uns selbst nie in Bücherregalen fanden und doch Geschichte schrieben, wenn wir sprachen“. Dieses Buch gibt jungen, schwarzen Mädchen in Amerika eine Stimme. Und die Tatsache, dass „Poet X“ in den USA mehrfach ausgezeichnet wurde und zum New-York-Times-Bestseller wurde, empfinde ich an diesem Morgen als besonderes Geschenk. Überhaupt die Tatsache, dass die USA so viele großartige Jugendbuchautoren hervorbringt, die mit ihren Büchern alle regelmäßig in unserem Kinderzimmerregal landen, zeigt doch, wie viel in diesem Land los ist, wie viele Strömungen, Ideen, Träume und Ideale es unter den Jugendlichen gibt, die durchaus real sind oder Realität werden, die es wert sind, aufgeschrieben zu werden. Ich denke da an Angie Thomas, Nicola Yoon, Becky Albertalli und viele andere. Autorinnen, die Themen wie Rassismus oder Homosexualität in so großartigen, gut lesbaren Romanen verpacken. Das ist eine riesengroße Kunst. Ganz sicher ist es so, dass Bücher lesen insgesamt uns nicht dümmer macht, aber Bücher aus anderen Kulturkreisen schärfen den Blick nochmal mehr. Danke für diese Bücher. 

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Kommentare: 1
  • #1

    Jutta Vogel (Donnerstag, 06 Februar 2020 09:02)

    Dankeschön für diese wunderbar geschriebenen Zeilen. Sie lesen sich „Appetit anregend“ ... und nicht deswegen, weil ich hier bei der Gruber Reduktionskost gewählt habe �