Bücher weinen, Bücher lesen

Kürzlich war meine siebenjährige Tochter krank. Und was macht man da? Neben Peppa Wutz-Filme in Dauerschleife gucken bleibt auch noch Zeit zum Bücher lesen. Da hatte ich dieses besondere Buch. Es ist ein Bilderbuch und heißt „Warum bist du traurig, Opa?“. Diese Geschichte nun wollte ich ganz normal vorlesen, laut, wie man ein Buch eben vorliest, aber ich kam nicht bis zum Schluss, weil ich so gerührt und bewegt war von den Worten. Ich konnte nichts dagegen tun, mir liefen die Tränen herunter, obwohl wir zum Glück unsere Omas und Opas gesund und munter um uns haben! Es geht in dem Buch um den kleinen Jungen Krümel, der versucht, mit seinem traurigen Opa Kontakt aufzunehmen.

 

 

Opa arbeitet seit einiger nur noch im Garten und antwortet nicht mehr. Erst bei der Frage: „Opa, was magst du am allerliebsten auf dein Brot?“ seufzt Opa und sagt: „Lachscreme“. Aber Opa mag auch Ei mit Kresse und Rote Beete. Und Opa mag zum Glück auch bald wieder mit Krümel Sachen unternehmen, in den Zoo gehen, ins Schwimmbad und in den Park. Aber im Raum bleibt die Trauer um Oma stehen. Oma, die nicht mehr da ist. Diese wenigen Seiten, mit diesen wunderschönen Illustrationen sagen soviel aus über das Leben, über den Schmerz und die Schönheit gleichzeitig, die sich keineswegs ausschließen - der Schmerz des Vergänglichen, der die Freude über die Gegenwart nur umso größer macht. Ich weiß nicht, ob es am Herbst liegt, das mich dieses Buch so ergriffen hat. Jedenfalls haben meine Tochter und ich eine Wette gemacht. Ich habe mir fest vorgenommen, nicht mehr beim Vorlesen zu weinen. Ich habe mich sehr konzentriert und mir vorgestellt, es wäre meine eigene Lesung, ich säße vor einem Saal mit vielen Kindern … drei Versuche habe ich gemacht, dann sagte meine Tochter stirnrunzelnd, „Mama, gib auf, du schaffst es nicht.“ 

 

Diese Episode sollte eigentlich unter uns beiden bleiben (das wäre wohl besser für mich, meinte sie), aber doch wollte ich sie erzählen, weil sie mir wieder einmal gezeigt hat, wie wichtig, schön und unersetzlich Bücher sind, auch schon die, für die ganz Kleinen. Es ist doch verblüffend, in was für eine Stimmung einen drei Sätze bringen können, ein paar wunderschöne bunte, kindliche Illustrationen. Was diese in einem wachrufen können! Daher ist dies ein kleiner Beitrag zum großen Thema „Leseförderung für Kinder“. Ja, bitte, alle Kinder sollen lesen – sie sollen zuhören, selber lesen, leise lesen, vorlesen … Kinder sollen in die Bücher eintauchen, in ihnen leben und von ihnen lernen, egal, um welche es sich handelt. 

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Kommentare: 6
  • #1

    Nicola Eisenherz (Mittwoch, 30 Oktober 2019 16:52)

    Ha, das hätte ich mit links geschafft!!!!� Ich habe ja fast den Titel des Buches schon tränenlos geschafft!!!
    Können ja einen Wettbewerb machen....
    sehr schön und passend in die Zeit, finde ich die Gedanken ��

  • #2

    Lisa-Marie (Mittwoch, 30 Oktober 2019 18:27)

    ...da hatte ich ja gerade schon beim Lesen deiner Zeilen einen Kloß im Hals, obwohl ich das Buch nicht mal kenne!
    Das finde ich auch, so wichtig und schön geschrieben, deine Gedanken!

  • #3

    Kristina (Freitag, 01 November 2019 08:51)

    Danke euch beiden!! Das freut mich, dass ihr mit mir fühlt.
    Ja, zum Glück gibt es diese wunderbaren Bücher!! Mehr davon! (von den guten..)

  • #4

    Melanie Mais (Freitag, 01 November 2019 12:32)

    Finde ich auch, schöner Text, weiter so!

  • #5

    Kristina (Montag, 04 November 2019 08:45)

    Danke!

  • #6

    Antonia, die Tränenreiche (Montag, 16 Dezember 2019 18:03)

    Für mich sind es eigene Ängste und das Bewusstsein um die Endlichkeit!
    Ich stehe zu meinen Tränen, die auch in grossen Glücksmomenten nicht aufzuhalten sind, auch wenn ich oft für meine Reaktionen belächelt werde!
    Mich hat die "heimliche" Episode sehr berührt, danke, und weiter so!!